Erfahrungsbericht: Hyundai Tucson mit LPG ab Werk

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STRZ
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Registriert: Mo 23. Mai 2005, 13:34

Erfahrungsbericht: Hyundai Tucson mit LPG ab Werk

Beitrag von STRZ »

Hallo Forum,

da das Thema "LPG" oft diskutiert wird und es Meinungen wie Sand am Meer und noch mehr seidenes Halbwissen zu diesem Thema gibt, möchte ich hier meine wahre Geschichte zum Thema Hyundai Tucson mit LPG schildern.
Vielleicht ist es dem einen oder anderen eine Entscheidungshilfe und hoffentlich räumt es mit der ein oder anderen Geschichte zum Thema LPG auf.

Zum Fahrzeug:
Mein Tucson ist ein 2.0L Benziner, Typ JM, BJ 2008 und ist ab Werk mit einer Lovato EasyFast-Gasanlage ausgestattet. Zusätzlich ist, ebenfalls ab Werk, ein mechanisches Flash Lube-Additivsystem verbaut. Die Motorkennung lautet G4GC.
Neben LPG tanke ich handelsübliches Super mit 95 Oktan.

Zum Fahrstil:
der Wagen ist ein Familienauto, d.h. Papa fährt mit dem guten Stück jeden Arbeitstag ziemlich genau 100km Autobahn - 50km hin, 50km zurück. Der Tucson ist keine Rakete und kein Beschleunigungswunder (zumindest glaube ich einen deutlichen Unterschied zu unserem 1000PS Audi zu spüren :lol: ), ich ziehe keine Anhänger und fahre mit 120-140km/h bei 3.000-3.500U/min friedlich zur Arbeit. Darüber hinaus natürlich der übliche Stadtverkehr an Wochenenden und zwei-, dreimal im Jahr an die Nordsee. Ich habe keinen Fahrradgepäckträger, keine Dachbox, keinen Anhänger - nichts dergleichen. Auf diese Weise habe ich nun ziemlich exakt 146.000km absolviert.

Zum Einfluss auf die Laufkultur und das Fahrverhalten:
das Fahren auf Gas ist, subjektiv empfunden, nicht anders als auf Benzin auch. Man fährt nicht langsamer, nicht schneller, nicht "runder", nicht "rauher". Die viel zitierten und errechneten 7,346921 PS Leistungsverlust im Gasbetrieb, die sich durch den geringeren Brennwert von LPG ergeben sollen, sind für den normalen Menschen schlicht nicht spürbar.

An dieser Stelle ergibt sich übrigens das erste Indiz für die Kompetenz des Gesprächspartners im Thema "LPG": wenn jemand behauptet im Gasbetrieb entstünden Leistungseinbußen, dann ist Obacht geboten - dies ist zwar theoretisch und nominell korrekt, weil LPG einen geringeren Brennwert als Benzin hat, ABER deswegen werden LPG-Anlagen "fetter" eingestellt! Daher ergibt sich auch der oft zitierte Mehrverbrauch im Gasbetrieb, aber auch eine absolut vergleichbare Motorleistung.

Zur Wirtschaftlichkeit:
JA! Trotz des höheren Gasverbrauchs rechnet sich der Gasbetrieb im Vergleich zum Benzinbetrieb: praktisch gesagt tanke ich eine Gasfüllung für knapp 40€, wobei der Preis dank der staatlichen Subventionierung bis 2018 relativ konstant bleibt (allerdings unterscheiden sich die Preise regional.). Also: bei jedem Tanken bares Geld gespart. Hurra. Blöd nur, dass die Gasanlage ebenfalls eine regelmäßige Inspektion benötigt, die mit ca. 90€ zusätzlich zu den KFZ-Inspektionen zu Buche schlägt. Blöd auch, dass aufgrund des Gasbetriebes zusätzlich eine regelmäßige Kontrolle des Ventilspiels vorgeschrieben ist (d.h. in der offiziellen Wartungsanweisung von Hyundai), das im Fall einer Notwendigkeit für 600-700€ ausgeglichen werden MUSS (sonst: undichte Brennräume = Zündaussetzer = unruhiger Lauf, Leistungsverlust bis hin zur Unfahrbarkeit des Autos.).

Zur Haltbarkeit - dem wohl spannendsten und kontroversesten Punkt:
bei 66.000km der erste Tiefschlag: das Auto lief unrund, besonders im kalten Zustand, und jetzt war ein Leistungsverlust spürbar. Also in die (Vertrags)Werkstatt: Ventildeckel runter, Ventilspiel gemessen: Ausgleich des Ventilspiels erforderlich. Hurra.

Kurze Erklärung zum "Ventilspiel": der G4GC-Zylinderkopf ist mit "weichen" Ventilsitzen bestückt. Das bedeutet, das Material zwischen dem Ventilteller und dem Zylinderkopf, dass quasi als 'Dichtung' zwischen der Aussparung für den Ventilteller im Zylinderkopf und dem Ventilteller selbst in den Zylinderkopf eingelassen ist, ist zu weich. Zu weich, um dem andauernden "Anschlagen" des Ventiltellers beim Schließen des Ventils dauerhaft, ohne Beschädigung standhalten zu können. Wer noch nie einen Motor von innen gesehen hat stellt sich jetzt am besten Hammer und Amboss vor: wenn das Ventil geschlossen wird, "schlägt" es mit einer bestimmt Wucht auf den Ventilsitz auf, so wie man mit einem Hammer auf ein Amboss schlägt. Ist das Material des Amboss zu weich, wird der Hammer in irgendwann beschädigen. So ähnlich ist es im Fall von weichen Ventilsitzen: irgendwann hat das Ventil sie kaputt gehämmert. In der Folge schließt das Ventil den Brennraum nicht mehr dicht ab und es kommt zu Zündaussetzern und Leistungsverlust. Ist der Schaden am Ventilsitz noch innerhalb eines gewissen Ausmaßes, kann er von der Werkstatt noch ausgeglichen werden.

Die Kosten beliefen sich auf gut 600€ und den verlockenden Hinweis, dass ein Ventilsitz schon dermaßen beschädigt sei, dass ein erneutes Nachstellen nicht mehr möglich sein würde. "Hurra".

Weitere 85.000km später war es dann soweit: wieder Leistungsverlust, wieder ruckeln bis hin zum Absterben des Motors. Zündaussetzer und massiver Kompressionsverlust auf den Zylindern 1-3. "Hurra".
Spätestens hier wird deutlich, dass:

- der G4GC-Motor in serienmäßigem Zustand nicht für den LPG-Betrieb geeignet ist.
- JEDER G4GC im Gasbetrieb irgendwann sterben MUSS. Das ist keine Frage von "Kann" und "Aber" oder liebevoller Pflege. Das Material der Ventilsitze ist schlicht zu weich. Basta.
- FlashLube, zumindest in der mechanischen Einspritzung, die das Additiv an nur einer Stelle in den Ansaugtrakt spritzt, den Tod des Zylinderkopfes NICHT verhindern kann. Maximal aufschieben, das ist alles.

An dieser Stelle ergibt sich oft ein zweiter Hinweis auf die "Gas-Kompentenz" des Gesprächspartners: die Ventilsitze werden nicht durch Hitze beschädigt, die beim Verbrennen des Gases entsteht und höher sein soll als bei Benzin. Wie soll das auch funktionieren, wenn Gas einen geringeren Brennwert als Benzin hat und man mehr Gas als Benzin verbrennen muss, um auf eine annähernd identische Energieausbeute zu kommen? Wer so etwas von sich gibt hat einfach keine Ahnung.

Die Ursache für die Beschädigung der Ventilsitze liegt eigentlich in einem Vorteil des Gases: es verbrennt zu sauber. Bei der Verbrennung von Benzin/Ölgemischen bleiben Rückstände, "Ruß" wenn man so möchte, die sich auf dem Ventilteller und dem Ventilsitz ablagern. Diese "Ruß"schicht federt die Schläge des Ventils auf den Ventilsitz ab und verhindert so eine frühzeitige Beschädigung. (Auf diesem Umstand basiert der Gedanke, man müsse Motoren ab und zu mal so richtig "freiblasen").


Optionen für den Tag X:

1.Verkauf mit einem Restwert von 2500€ und Kauf eines neuen Autos
2. Austausch des Zylinderkopfes gegen einen serienmäßigen Zylinderkopf (ebenfalls dem Tod geweiht): bei Hyundai 3.200-3.500€
3. Austausch des Zylinderkopfes gegen einen gasfesten Kopf (mit harten Ventilsitzen): ca. 1400€ für den KopfUMbau + Einbau, bei Hyundai ca. 4.400€
4. Austauschmotor mit gasfestem Kopf und neu gelagert (Laufleistung ca. 62.000km): inkl. Einbau und Garantie beim Motoreninstandsetzer 5.000€ lt. Angebot.

Anmerkung: mein Auto hat dato, mit 146.000km, Schaltung, PDC, Vollleder, getönten Scheiben ab B-Säule, 8-fach bereift... einen Wert von 5.800€.


FAZIT:
Wenigstens jeder G4GC-Kopf wird definitiv einen Schaden am Zylinderkopf erleiden. Zumindest solange Hyundai kein härteres Material für die Ventilsitze verbaut.
Auf meiner Suche nach der für mich günstigsten Reparaturmöglichkeit habe ich mit vier verschiedenen Werkstätten und drei Motoreninstandsetzern gesprochen, die mir übereinstimmend bestätigt haben, dass der G4GC nicht gasfest ist.
Flashlube und eine schonende Fahrweise können diesen Schaden allerhöchstens hinauszögern, aber definitiv NICHT verhindern. Wer sich also diesen Motor mit Gas-Umrüstung anschafft, muss sich darüber im Klaren sein, dass er nach ca. 100.000 bis 150.000km, je nach Fahrweise, einen neuen Zylinderkopf brauchen wird. Wer sein ganzes Leben stets mit 2.500 Umdrehungen fährt, schafft es vielleicht bis 200.000km :lol:
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Kommisar
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Re: Erfahrungsbericht: Hyundai Tucson mit LPG ab Werk

Beitrag von Kommisar »

Die Ventilsitze sind zu weich, aber zwischen Gas und Benzinbetrieb gibt es keinen Unterschied in der Arbeitsweise des Ventiltriebs. Das Problen steckt in der heißeren Verbrennung im Gasbetrieb, wobei die Ventilteller mit den Ventilsitzen kurzzeitig verbacken - und das schädigt auf Dauer die Ventilsitze!
chrism89
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Re: Erfahrungsbericht: Hyundai Tucson mit LPG ab Werk

Beitrag von chrism89 »

Netter Post ;)
Mein Tucson (fast identisch zu deinem) hat samt Prins-Anlage mittlerweile gut 132.000km auf der Uhr. Bisher mehr oder minder sorgenfrei. Bei 60tkm musste das Ventilspiel eingestellt werden. Ansonsten waren bisher nur Investitionen in Verschleißteile nötig.
Aktuell läuft das gute Stück noch sehr gut. Allerdings macht mir die Außenhaut Probleme. Rost lässt grüßen :shock:
STRZ
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Re: Erfahrungsbericht: Hyundai Tucson mit LPG ab Werk

Beitrag von STRZ »

Mein Tucson (fast identisch zu deinem) hat samt Prins-Anlage mittlerweile gut 132.000km auf der Uhr.
Dann drücke ich Dir mal die Daumen.. fährst Du denn immer auf Gas?
Meinem Schwager haben sie in einer Hyundai-Werkstatt geraten, immer abwechselnd eine Füllung Gas und Benzin zu verfahren - das schone den Motor. :lol: :lol: :lol:
chrism89
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Re: Erfahrungsbericht: Hyundai Tucson mit LPG ab Werk

Beitrag von chrism89 »

Meinem Schwager haben sie in einer Hyundai-Werkstatt geraten, immer abwechselnd eine Füllung Gas und Benzin zu verfahren - das schone den Motor. :lol: :lol: :lol:
MUUUUUUUUUUUUUUhahahahaha :D :D :D
Der war gut. Was für ein Schwachsinn :D
Ich fahre dauerhaft auf Gas. Bei Volllastfahrten schalte ich auf Benzin um (Autobahn bei >140km/h, etwas längere Überholmanöver mit sehr hohen Drehzahlen,...). Ansonsten gebe ich, wie gesagt, GAS! 8-)
JKausDU
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Re: Erfahrungsbericht: Hyundai Tucson mit LPG ab Werk

Beitrag von JKausDU »

Ich fahre einen Trajet mit dem gleichen Motor auf LPG. Mittlerweile seit rd. 120.000 KM. Ohne jede Ventilspielkorrektur. Hintergrund: Zusätzlich zur Prins VSI Gasanlage wurde das elektronisch last- und drehzahlabhängig gesteuerte Addtivsystem SI Valve Protector installiert. Im Gegensatz zum mechanischen Flashlubegetröpfele ist hier eine gute Additivierung, insbesondere wenn es drauf ankommt, sichergestellt. Darauf führe ich es jedenfalls zurück, dass ich mit diesem Motor keine Probleme im Gasbetrieb habe. Deshalb widerspreche ich auch: Es muss nicht zwingend zu Ventilsitzschäden beim G4GC kommen.

Grüße

Jörg
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Kommisar
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Re: Erfahrungsbericht: Hyundai Tucson mit LPG ab Werk

Beitrag von Kommisar »

JKausDU hat geschrieben:I Deshalb widerspreche ich auch: Es muss nicht zwingend zu Ventilsitzschäden beim G4GC kommen.

Grüße

Jörg
Natürlich muss es das nicht, aber möglich ist es schon!
chrism89
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Re: Erfahrungsbericht: Hyundai Tucson mit LPG ab Werk

Beitrag von chrism89 »

MÖGLICH ist es bei derartigen Motoren wohl immer...^^
Meiner läuft wie am ersten Tag. Hoffentlich bleibt es auch noch eine Weile so :D
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